Heidelberg

 

Lange lieb ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust

   Mutter nennen und dir schenken ein kunstlos Lied,

      Du, der Valerlandsstädte

         Ländlichschönste, so viel ich sah.

 

Wie der Vogel des Walds über die Gipfel fliegt,

   Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänzt,

      Leicht und kräftig die Brücke,

         Die von Wagen und Menschen tönt.

 

Wie von Göttern gesandt, fesselt' ein Zauber einst

   Auf der Brücke mich an, da ich vorüber ging,

      Und herein in die Berge

          Mir die reizende Ferne schien.

 

Und der Jüngling, der Strom, fort in die Ebne zog,

   Traurigfroh, wie das Herz, wenn es, sich selbst zu  schön,

       Liebend unterzugehen,

          In die Fluten der Zeit sich wirft.

 

Quellen hattest du ihm, hattest dem Flüchtigen

   Kühle Schatten geschenkt, und die Gestade sahn

      All ihm nach, und es bebte

         Aus den Wellen ihr lieblich Bild.

 

Aber schwer in das Tal hing die gigantische,

   Schicksalskundige Burg, nieder bis auf den Grund

       Von den Wettern zerrissen;

          Doch die ewige Sonne goß

 

Ihr verjüngendes Licht über das alternde

   Riesenbild, und umher grünet lebendiger

      Efeu; freundliche Wälder

         Rauschten über die Burg herab.

 

Sträuche blühten herab, bis wo im heitern Tal,

   An den Hügel gelehnt oder dem Ufer hold,

      Deine fröhlichen Gassen

         Unter duftenden Gärten ruhn.

                    

 

                                                     Friedrich Hölderlin